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Vesikorenaler Reflux


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Vesikorenaler Reflux (VRR, vesikoureteraler Reflux = VUR, Uretero-Ostiuminsuffizienz): Rückfluss von Urin in die Harnleiter, zum Teil auch bis in das Nierenbecken. Ursache ist das Versagen des Ventilmechanismus zwischen einem oder beiden Harnleitern und der Harnblase, wobei dieser Defekt meist angeboren ist. Eine nicht normal ausgebildete Harnleitermündung in die Harnblase ist die häufigste Fehlbildung der ableitenden Harnwege und tritt etwa bei 1 von 200 Neugeborenen auf. Mädchen sind viermal häufiger betroffen als Jungen. Beschwerden entstehen vorrangig durch ständige Blasenentzündungen. Da ein geringgradiger vesikorenaler Reflux bei Kindern häufig von selbst ausheilt, wird im günstigen Fall eine operative Korrektur aufgeschoben. Häufig wird bakteriellen Infektionen mit Antibiotika vorgebeugt.

Leitbeschwerden

Bei Säuglingen und Kleinkindern:

  • Schlechtes Gedeihen mit Untergewicht und Blässe
  • Fieber
  • Wiedereinnässen
  • Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen.

Bei größeren Kindern und Erwachsenen:

  • Brennen beim Wasserlassen, Harndrang
  • Übelriechender Urin
  • Schmerzen in der Nierengegend
  • Flankenschmerz, besonders bei voller Blase oder während des Wasserlassens
  • Gelegentlich auch Wasserlassen in zwei Etappen, oft mit krampfhaften Schmerzen (zweizeitige Miktion).

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei den genannten Beschwerden ohne Fieber.

Heute noch bei Flankenschmerzen oder Fieber.

Die Erkrankung

Die Mündungsstellen der beiden Harnleiter in die Harnblase sind so geformt, dass ein Ventil entsteht, durch das der in den Nieren produzierte Urin problemlos in die Harnblase abfließt und daran gehindert wird, wieder in die Harnleiter zurückzufließen. Das Ventil funktioniert dadurch, dass jeder Harnleiter wie ein Tunnel längs innerhalb der Harnblasenwand verläuft. Bei einer Fehlentwicklung mit kurzem senkrechtem Verlauf der Harnleiter durch die Blasenwand ist die Ventilfunktion unzureichend.

Aber nicht nur Fehlbildungen, auch eine starke Druckerhöhung in der Blase führt zum vesikorenalen Reflux. Mögliche Ursachen sind neurologische Störungen der Blasenentleerung oder ein Abflusshindernis in der Harnröhre durch Harnröhrenklappen oder Harnröhrenverengungen, wodurch es zum Stau des Urins in der Blase kommt. Auch eine chronische Blasenentzündung kann den Ventilmechanismus beeinträchtigen.

Da beim Reflux das regelmäßige Ausspülen der Harnwege mit dem Urinfluss beeinträchtigt ist und Urin im Harnleiter zwischen Blase und Niere „pendelt“, haben Bakterien ideale Voraussetzungen, um Blasenentzündungen zu verursachen. Führen diese zu wiederholten Nierenbeckenentzündungen, werden die Nieren stark geschädigt.

Langfristig kann die Nierenfunktion so massiv beeinträchtigt werden, dass die Dialyse unumgänglich ist. Zudem droht eine überschießende Freisetzung der blutdrucksteigernden Hormone Renin und Angiotensin und dadurch ein unbeherrschbarer Bluthochdruck.

Ohne Ausweitung der Harnleiter heilt ein vesikorenaler Reflux bei Kindern im Verlauf des Körperwachstums bis zum 10. Lebensjahr häufig spontan aus. Sind die Harnwege oder die Harnleitermündung erweitert, ist die selbstständige Ausheilung nur noch in 30 % der Fälle zu beobachten.

Das macht der Arzt

Der Verdacht auf einen vesikorenalen Reflux erhärtet sich meist bei der Untersuchung mit Ultraschall, die bei der Blasenentzündung im Kindesalter angezeigt ist. Zum Nachweis des Reflux und der Bestimmung des Schweregrads dient das Miktionszysto-Urethrogramm. Abschließend erfolgt eine Harnblasenspiegelung zur Beurteilung von Form, Größe und Lage der Harnleitermündungen und zur Festlegung der weiteren Therapie.

Besteht ein nur mäßiger Reflux, sodass der Urin nicht bis in die Niere zurückstaut, empfiehlt der Arzt zur Vorbeugung von Blasenentzündungen die dauerhafte Einnahme eines niedrig dosierten Antibiotikums. Vierteljährlich wird mit einem Urintest überprüft, ob sich neue Bakterien angesiedelt haben (darüber hinaus immer dann, wenn Beschwerden einer Blasenentzündung auftreten). Entwickelt sich trotz der Antibiotikatherapie immer wieder eine Blasenentzündung, wird operiert.

Bei einem höhergradigen Reflux mit völlig unzureichendem Ventilmechanismus der Harnleitermündung wird sofort operiert. Dabei wird der Harnleiter an seinem unteren Ende von der Blase abgetrennt und mit einem verbesserten Verschlussmechanismus wieder in die Blase „eingepflanzt“ (antirefluxive Harnleiter-Neuimplantation). Die Erfolgsrate liegt bei 95 %. Bis der Reflux vollständig ausgeheilt ist, wird das betroffene Kind vorsorglich mit einem niedrig dosierten Antibiotikum behandelt, um Infektionen vorzubeugen. Die weitere Nachsorge besteht aus regelmäßigen Kontrollen des Urins, Ultraschalluntersuchung von Nieren und Harnleitern und Blutdruckkontrollen bis ins Jugendalter.

Vorsorge

Beim vesikorenalen Reflux ist ein zweifaches Wasserlassen kurz hintereinander ratsam, da beim ersten Wasserlassen ein Teil des Urins beim Anspannen des Blasenmuskels in Richtung Niere zurückfließt. Um sich dieser Restmenge – zumindest zum großen Teil – zu entledigen, wird eine Minute später nochmals wassergelassen. Das beugt Blasenentzündungen vor.

Für Geschwister betroffener Kinder wird eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und ableitenden Harnwegen empfohlen, da ~ 30 % ebenfalls einen Reflux aufweisen.


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