Vulvodynie: Bezeichnung für chronische Schmerzzustände im Bereich des äußeren Geschlechtsorgans der Frau, für die keine erkennbaren Ursachen gefunden werden können. Betroffen sind in der Regel junge Frauen. Behandlungsstrategien, die auch Linderung verschaffen, gibt es mehrere, eine Heilung ist jedoch derzeit nicht möglich.
Leitbeschwerden
- Juckreiz und brennende Schmerzen oft über die gesamte Haut vom Schamhügel bis zum After, manchmal auch die Scheide mit einschließend.
- Druck- und Zugbelastung sowie Berührung am äußeren Geschlechtsorgan sind so unangenehm, dass auf Unterwäsche verzichtet wird und eventuell schon das Gehen als Belastung empfunden wird.
- Geschlechtsverkehr ist häufig unmöglich, wird er praktiziert, erreichen die Beschwerden danach ein Maximum.
- Unmöglichkeit, Tampons einzuführen.
- Schmerzen beim Wasserlassen und Blut im Urin.
Die Erkrankung
Die Vulvodynie betrifft nach Studienergebnissen über 5 % der Frauen mindestens einmal im Leben, wobei die Schmerzen individuell sehr unterschiedlich sein können. Ob es sich um eine Krankheit handelt oder nicht vielmehr um ein komplexes Beschwerdebild, ist umstritten. Tendenziell wird es aber inzwischen als eigene Erkrankung im Schnittpunkt zwischen Gynäkologie, Dermatologie und Psychosomatik anerkannt [N15]. Trotzdem wissen viele Haus-, Haut- und Frauenärzte nichts von dieser Erkrankung – und so wundert es nicht, dass Betroffene oft viele Arztbesuche brauchen, bis ihr Beschwerdebild richtig gedeutet wird.
Unstrittig ist die häufige Verbindung der Vulvodynie mit anderen funktionellen Erkrankungen wie der Fibromyalgie oder – am häufigsten – der interstitiellen Zystitis (IC).
Das macht der Arzt
Die Vulvodynie ist eine Ausschlussdiagnose – d. h. der Arzt muss zuerst alle anderen infrage kommenden Erkrankungen ausschließen. Dies sind in erster Linie eine chronische Adnexitis, Hauterkrankungen des äußeren Geschlechtsorgans, z. B. durch eine Weißfleckenkrankheit oder Pilze, aber auch psychische Erkrankungen wie eine Depression.
Für die Therapie gibt es noch keine allgemein anerkannten Grundsätze. Positive Erfahrungen werden berichtet mit:
- Kortison für einige Wochen
- Biofeedback-Übungen zur Entspannung der Beckenbodenmuskulatur
- Niedrig dosierten Antidepressiva vom SSRI-Typ
- Entspannungstherapien wie Autogenes Training, Yoga oder Muskelrelaxation nach Jacobson
- Behandlung des Reizdarms
- Nichtmedikamentöse Schmerztherapie (Massagen, Wärme-, Kälteanwendungen)
- Beckenbodentraining
- Psychotherapie und/oder Sexualtherapie.
Selbsthilfe
Die Therapie der Vulvodynie ist anstrengend. Als erstes sollten Sie einen Arzt suchen, der nicht nur Sie versteht, sondern auch die Krankheit (und es muss auch kein Gynäkologe sein). Als zweites sollten Sie selbst die Erkrankung verstehen lernen, und drittens den verschiedenen Therapiemethoden Zeit lassen, zu wirken:
Beckenboden. Der Wert eines guten und über viele Monate praktizierten Beckenbodentrainings kann gar nicht überschätzt werden. Lassen Sie sich aber mindestens drei Monate Zeit, bis Sie eine Wirkung erwarten.
Sex. Oft ist Geschlechtsverkehr ein besonderer Brennpunkt – ihn zu praktizieren bedeutet heftigste Qualen, ihn aber dauerhaft zu vermeiden stürzt die Betroffenen ebenso ins Unglück. Hier ist Fantasie gefragt: Manchmal helfen Gleitcremes, manchmal (Partner-) Masturbation ohne Vaginalverkehr, manchmal auch nur viel Geduld, manchmal dann auch wieder eine längere Pause. Gelingt es, den Teufelskreis aus Verzicht und Schmerz zu durchbrechen, können wieder praktizierter Sex und Zärtlichkeit nicht nur die Beziehung, sondern auch die Erkrankung sehr positiv beeinflussen, wie Betroffene berichten.
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