Magenschleimhautentzündung (Gastritis): akut oder chronisch verlaufende, entzündliche Veränderungen der Magenschleimhaut unterschiedlicher Ursache. Die Hälfte der über 50-Jährigen leidet an chronischer Magenschleimhautentzündung. Die akute Form ist seltener, kommt aber bei 60–80 % der Patienten auf der Intensivstation vor.
Das Krankheitsbild reicht von Beschwerdefreiheit bis hin zur lebensgefährlichen Magenblutung mit Bluterbrechen infolge größerer Substanzdefekte. Eine akute Magenschleimhautentzündung klingt von selbst ab, ein sofortiges ärztliches Einschreiten ist nur bei Blutungen erforderlich. Günstig ist auch die Prognose bei der bakteriellen Gastritis; in 90 % der Fälle kann sie erfolgreich medikamentös behandelt werden.
Leitbeschwerden
Akute Magenschleimhautentzündung:
- Druckgefühl in der Magengegend
- Oft Verstärkung der Beschwerden während des Essens oder unmittelbar danach
- Aufstoßen und Übelkeit bis zum Erbrechen.
Chronische Magenschleimhautentzündung:
- Oft keine Symptome
- Unspezifische Oberbauch-Beschwerden.
Wann zum Arzt
In den nächsten Tagen, wenn eine Besserung der Beschwerden ausbleibt.
Sofort, wenn wegen heftigen Erbrechens keine Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme mehr möglich ist, und bei Bluterbrechen.
Die Erkrankung
Normalerweise ist das Verhältnis von schleimhautschädigenden und schleimhautschützenden Faktoren im Magen ausgeglichen. Der Schutzfilm des Magens besteht aus Schleim, der von der Magenschleimhaut produziert wird. Eine intakte Durchblutung der Magenwand und die Zellregeneration sorgen dafür, dass die Magenschleimhaut vor der aggressiven Magensäure und anderen mechanischen oder chemischen Einflüssen geschützt wird. Bei der Magenschleimhautentzündung ist dieses Gleichgewicht gestört. Schleimhautschädigende Substanzen, z. B. ein Übermaß an Alkohol oder Nikotin, NSAR-Schmerzmitteln wie z. B. Diclofenac (Voltaren®) oder Acetylsalicylsäure (Aspirin®), Kortison oder Zytostatika, Bakteriengifte bei einer Lebensmittelvergiftung (akuter Durchfall) oder ein Befall mit Helicobacter-pylori-Bakterien beeinträchtigen die Durchblutung der Schleimhaut und schädigen den Magenschutzfilm. Auch jede schwere Erkrankung, massive Blutungen, Verbrennungen, schwere Verletzungen oder ein größerer operativer Eingriff bedeuten extremen Stress, wodurch sich der Schutzfilm der Magenschleimhaut stark abschwächt. In der Folge kommt die Magenschleimhaut in direkten Kontakt mit der aggressiven Magensäure, was zu Reizungen, Verletzungen und Defekten mit Blutungen führt – dem Bild der erosiven Gastritis, das sich bei der Magenspiegelung leicht erkennen lässt.
Bei der Magenschleimhautentzündung bleiben die Veränderungen in der Regel auf die obere Bindegewebeschicht der Magenwand, die Lamina propria, beschränkt. Dringen sie tiefer ein, spricht der Arzt von einem Magengeschwür, das an anderer Stelle besprochen wird (Ulkuskrankheit).
Akute Magenschleimhautentzündung
Die akute Magenschleimhautentzündung (akute Gastritis) ist meist unmittelbare Folge eines übermäßigen Genusses von schleimhautreizenden Stoffen oder einer Stressreaktion auf schwere Erkrankungen oder Verletzungen. Dabei entspricht das Beschwerdebild nicht zwangsläufig dem Schweregrad der Schädigung. Meist überwiegen unspezifische Symptome, z. B. ein dumpfes Schmerzgefühl in der Magengegend oder Appetitlosigkeit. Mitunter treten auch Übelkeit und Erbrechen auf; kleinere Blutungen der Magenschleimhaut bleiben häufig unentdeckt. Erst wenn die Schleimhautschädigungen stark ausgeprägt sind, führen heftige Blutungen zu einem dunkel gefärbten Stuhl (Teerstuhl) und zu Bluterbrechen (Kaffeesatzerbrechen). Die schwarze Farbe von Teerstuhl und Erbrochenem rührt daher, dass die Magensäure und die Darmbakterien den roten Blutfarbstoff verändern.
Chronische Magenschleimhautentzündung
Dagegen liegen der chronischen Magenschleimhautentzündung (chronische Gastritis) verschiedene Ursachen zugrunde. Sie verläuft häufig über Jahre symptomlos. Nur wenige Patienten leiden unter Oberbauchschmerzen, Völlegefühl, Übelkeit oder Erbrechen. Die Symptome entstehen meist, wenn eine bakterielle Gastritis vorliegt. Ja nach Ursache unterscheidet der Arzt bei der chronischen Magenschleimhautentzündung drei Typen:
- Typ A (Typ-A-Gastritis, Autoimmungastritis): Ursache ist die Bildung von Antikörpern gegen die Salzsäure produzierenden Zellen und den Intrinsic Factor. Infolgedessen kommt es zu einem Salzsäuremangel im Magensaft (Anazidität) und einem Vitamin-B12-Mangel (Perniziöse Anämie). Mit 5 % ist dies die seltenste Erkrankungsform. Typisch sind Anzeichen einer Unter- oder Mangelernährung trotz ausreichender Nahrungsaufnahme.
- Typ B (Typ-B-Gastritis, bakterielle Gastritis): Ist mit etwa 80 % die häufigste Form der chronischen Gastritis und wird meist durch eine Besiedelung des Magens mit Helicobacter-pylori-Bakterien hervorgerufen. Sehr selten sind andere Bakterien, Pilze oder Zytomegalieviren, vor allem bei HIV-Kranken, die Ursache.
- Typ C (Typ-C-Gastritis, chemisch-toxische Gastritis): Verantwortlich ist die Dauerreizung durch schleimhautschädigende chemische Substanzen, allen voran die längerfristige Einnahme von NSAR-Schmerzmitteln, aber auch langjähriger exzessiver Alkohol- und Nikotinkonsum oder ein Reflux von Gallensaft.
Das macht der Arzt
Wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Magenspiegelung in Kombination mit einer Gewebsprobeentnahme.
Als Medikamente haben sich Protonenpumpenhemmer wegen ihrer hohen Wirksamkeit durchgesetzt sowie in zweiter Linie H2-Rezeptorenblocker. Die früher beliebten Antazida (Magensäure neutralisierende Medikamente wie z. B. Maaloxan® und Schutzfilmbildner wie Sucralfat und Ulcogant®), werden heute nur noch in leichten Fällen empfohlen und verordnet.
Neben der medikamentösen Behandlung gilt es, den Auslöser zu vermeiden und weitere Selbsthilfemaßnahmen anzuwenden.
Wichtigste Therapiemaßnahme bei einem Befall mit Helicobacter-pylori-Bakterien ist die Eradikationstherapie. Dabei werden für 1–2 Wochen zwei Antibiotika mit einem Protonenpumpenhemmer eingenommen, wie z. B.:
- Clarithromycin + Amoxicillin + Protenenpumpemhemmer (z. B. Omeprazol)
- Metronidazol + Amoxicillin + Protenenpumpemhemmer
- Metronidazol + Clarithromycin + Protenenpumpemhemmer
In rund 85 % der Fälle eliminiert die Behandlung das Bakterium, und Rezidivinfektionen sind mit ca. 2 % pro Jahr selten.
Ob die Behandlung erfolgreich war, kann 8 Wochen nach Therapieende mit einer erneuten Gewebeprobeentnahme (Magenspiegelung) oder einem 13C-Harnstoff-Atemtest festgestellt werden. Mittlerweile ist es sogar möglich, Antikörper gegen Helicobacter-pylori-Bakterien im Blut nachzuweisen. Da der Bluttest keine 100%ige Sicherheit liefert, wird die Diagnose anschließend mit einem 13C-Atemtest oder eine Gewebsprobeentnahme überprüft.
Die Autoimmungastritis kann nicht ursächlich behandelt werden. Wegen der Gefahr einer perniziösen Anämie erhalten die Betroffenen lebenslang alle drei Monate Spritzen oder Kurzinfusionen mit Vitamin B12. Bei der chemisch-toxische Gastritis steht die Beseitigung der Ursache wie z. B. das Absetzen der NSAR im Vordergrund. Ist dies nicht möglich, wird wie bei der akuten Form symptomatisch mit Säure hemmenden Medikamenten behandelt.
Patienten, die regelmäßig NSAR einnehmen, die intensivmedizinisch betreut werden müssen oder vor einem größeren operativen Eingriff stehen, wird die prophylaktische Gabe eines Protonenpumpenhemmers empfohlen. Meist kann damit einer akuten Magenschleimhautentzündung vorgebeugt werden.
Prognose
Eine akute Magenschleimhautentzündung heilt in der Regel folgenlos; Gleiches gilt für Magenblutungen sowie für die chronischen Formen der bakteriellen Gastritis und der chemisch-toxischen Gastritis, wenn rechtzeitig therapiert wird. Allerdings geht die Autoimmungastritis ebenso wie die nicht behandelte bakterielle Gastritis mit einem erhöhten Magenkrebsrisiko einher. Deshalb sollte die bakterielle Gastritis behandelt werden und bei der Autoimmungastritis einmal jährlich eine endoskopische Kontrolle erfolgen.
Eine Beeinträchtigung der Lebensqualität ist auch bei der unheilbaren Autoimmungastritis nicht zu erwarten.
Selbsthilfe
Selbsthilfemaßnahmen sind durch die heutigen hochwirksamen Medikamente zwar nicht mehr erforderlich, um rasch beschwerdefrei zu werden; zur Rückfallverhütung sind sie jedoch nach wie vor unumgänglich.
Auslöser meiden. Meiden Sie alle Auslöser nicht nur in der akuten Phase, sondern auch einige Zeit danach, z. B. Alkohol und Nikotin, aber auch zuckerhaltige Nahrungsmittel, Milch sowie diejenigen Gewürze, die wie Pfeffer, Meerrettich oder Senf die Säurebildung anregen. Gleiches gilt für Medikamente, die nicht unbedingt eingenommen werden müssen, vor allem für Acetylsalicylsäure und andere NSAR-Schmerzmittel.
Diät. Viele Ratgeber empfehlen zur Beruhigung der entzündeten Magenschleimhaut eine Tee-Zwieback-Diät für 24–36 Stunden. Anschließend sollten Sie schrittweise zur gewohnten Ernährungsweise zurückkehren, in der Sie aber in den ersten 2 Tagen vornehmlich Kartoffeln und gegartes Gemüse und ab dem 3. Tag wieder (wenig) fettarmes Fleisch essen. Wissenschaftlichen Prüfungen haben diese Diätvorschläge allerdings nicht standhalten können. Betroffene verzichten von sich aus gerne auf fettes Fleisch, Kaffee, Weißwein und Alkoholika. Die meisten Ärzte raten deshalb: Achten Sie beim Essen auf das, was Sie vertragen. Verzichten Sie für eine Weile konsequent auf das, was Sie nicht vertragen.
Leichte Vollwertkost. Eine Ernährungsumstellung auf leichte Vollwertkost bzw. eine fett- und zuckerarme Ernährung kann den Verlauf einer chronischen Magenschleimhautentzündung positiv beeinflussen. Achten Sie zudem darauf, anstelle von drei üppigen Mahlzeiten mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen.
Wärmeanwendungen. Warme Leibwickel oder ein über Wasserdampf erhitztes Heublumensäckchen, das auf den Oberbauch gelegt wird, wirken beruhigend auf den Magen.
Komplementärmedizin
Pflanzenheilkunde. Begleitend oder im Anschluss an eine Helicobacter-Eradikationstherapie zur Vorbeugung eines Rückfalls kommen Teekuren mit Schleimstoffdrogen wie Leinsamen, Eibisch und Malve, die die Magenschleimhaut vor dem Säureüberschuss schützen, in Betracht. Ebenso haben sich Teezubereitungen mit Kamillenblüten oder Süßholzwurzel bewährt, die sich durch eine beruhigende und entzündungshemmende Wirkung auszeichnen. Alternativ stehen Fertigarzneien zur Verfügung, entweder als Einzelpräparate (z. B. Kamille Spitzner®-Lösung oder Gastronal®-Beutel mit Leinsamen) oder als Kombinationspräparate (z. B. Iberogast®-Tropfen auf der Basis von Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Angelikawurzel, Mariendistelfrüchte, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Schleifenblumenkraut, Schöllkraut und Süßholzwurzel).
Süßholzwurzelhaltige Tees oder Fertigarzneien sollten nicht länger als 6 Wochen eingesetzt werden, da sie den Kaliumspiegel im Blut erniedrigen können.
Manchmal wird eine Rollkur zur Beruhigung der Schleimhaut empfohlen. Sie wird 1 Woche lang morgens und abends durchgeführt. Hierfür bereiten Sie eine Thermoskanne mit Kamillentee und legen sich dann ins Bett. Zuerst trinken Sie eine halbe Tasse Kamillentee und legen sich anschließend 10 Minuten lang auf den Rücken; danach trinken Sie wieder eine halbe Tasse Kamillentee und legen sich dann 10 Minuten lang auf die linke Seite. Diese Prozedur wird auf der rechten Seite und schließlich auf dem Bauch liegend wiederholt, so dass Sie nach 40 Minuten einmal um die eigene Achse „gerollt“ sind.
Entspannungsverfahren. Entspannungsübungen, z. B. Autogenes Training, können zur Vorbeugung von Magenbeschwerden beitragen, bei denen Stress die Ursache ist.
Akupunktur. Akupunktur unterstützt die medikamentöse Gastritis-Behandlung, wobei die Betroffenen vermutlich v. a.von ihrem unspezifischen Heileffekt profitieren.
Homöopathie. Gegebenenfalls kann eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie die Symptome lindern. Häufig eingesetzte Mittel der Homöopathie sind Acidum muriaticum, Acidum sulfuricum, Argentum metallicum, Belladonna, Ignatia, Nux Vomica oder Rumex.
© apotheken.de